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Ungleiche wirtschaftliche Entwicklung in Indonesien und Vietnam

04.06.2018

Vietnam ist aktuell nicht nur bei Touristen in, sondern auch bei Investoren. Ganz anders der Nachbar und ehemalige Shootingstar Indonesien, der aus Anlegerperspektive derzeit mit Vorsicht zu genießen ist.

Von Susanne Hellmann

Die Schwellenländer sind eine heterogene Gruppe mit vielen Unterschieden. Einen besonders deutlichen Kontrast bilden aktuell zwei Nachbarn in Südostasien. Vietnam und Indonesien trennt geografisch nur das Südchinesische Meer, doch die Tendenz der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der beiden Staaten könnte unterschiedlicher kaum sein.

Da ist zunächst Vietnam mit seiner Erfolgsgeschichte aus Privatisierung, kontinuierlich verbessertem Schutz des geistigen Eigentums und klaren, wirtschaftsfreundlichen politischen Entscheidungen, die vor allem den Exportsektor betreffen. Zwischen den beiden Zentren Hanoi am Roten Fluss im Norden und Ho-Chi-Minh-Stadt am Mekong im Süden brummt es.

Wachstum in Vietnam unaufhaltbar

Natürlich hat das politische System Einfluss auf den Gestaltungsspielraum der Regierung. In Vietnam mit seinem Einparteiensystem lassen sich Entscheidungen leichter treffen und Reformen schneller umsetzen als in einem System wie in Indonesien, in dem die Politiker Rücksicht auf Wiederwahlen nehmen müssen und Lokalregierungen den Anweisungen aus der Hauptstadt nur unwillig folgen. Anzeige

Und doch: Vietnam hat über die vergangenen Jahre einen Exportaufschwung erzielt, der seinesgleichen sucht. Über die letzten 20 Jahre lag das Wachstum der vietnamesischen Exporte um das Fünffache über dem durchschnittlichen Wachstum der Schwellenländer und war doppelt so hoch wie das Exportwachstum Chinas, also des Export-Weltmeisters. Und die Dynamik scheint noch nicht ausgereizt zu sein. Gerade in letzter Zeit sieht der Wettbewerb Vietnam nur von hinten.

Es ist wie so oft, Erfolgsfaktoren verstärken sich gegenseitig: Vietnam verbucht ausländische Direktinvestitionen von rund 20 Milliarden US-Dollar im Jahr, die ihrerseits die Währung stabilisieren. Da fällt es der Notenbank nicht schwer, Inflation und Zinsen im Zaum zu halten. Die Folge ist auch ein heimischer Konsumboom, der innerhalb der Schwellenländer an der Spitze steht.

Probleme im großen Inselreich

Am anderen Ende der wirtschaftlichen Erfolgsskala steht aktuell Indonesien. Die Regierung im Land der 17.000 Inseln gibt sich populistisch und unterstützt die indonesischen Verbraucher zulasten der Unternehmen. Diese fürchten insbesondere um ihre Wettbewerbsfähigkeit, wandern ab oder kommen erst gar nicht in das Land. Schließlich lockt mit Vietnam in fast unmittelbarer Nachbarschaft ein weit attraktiverer Standort, siehe oben.

Zwar kann auch Indonesien seit Jahren auf eine niedrige Inflation und ausländische Kapitalzuflüsse verweisen – doch im Unterschied zum nördlichen Nachbarn fließen die Direktinvestitionen kaum in den Industriesektor. Zudem war ein großer Teil des Kapitalzuflusses spekulativer Natur, weil Investoren vom großen Zinsunterschied zwischen Indonesien und den USA angelockt wurden.

Dieses spekulative Kapital reagiert allerdings zunehmend empfindlich auf den populistischen Kurs der Regierung in Jakarta. In diesem Umfeld wird es für die Notenbank sehr schwierig, die Landeswährung Rupiah stabil zu halten. Die Folge wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein Anstieg der Inflation sein. In der konsequenten Fortführung ihrer bisherigen Strategie könnte die Regierung dann versucht sein, den indonesischen Konsumenten mit noch weitergehenden Preisinterventionen entgegenzukommen.

Kurz, das Investitionsklima in Indonesien ist aktuell eher bewölkt, und es dürfte in naher Zukunft auch nicht nennenswert aufklaren. Für die Wirtschaft des Landes ist das eine Belastung, denn der Schlüssel zum Fortschritt sind ausländische Direktinvestitionen, ein wachsender Exportsektor und ein solides, nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Aktuell bleibt das in Indonesien jedoch eher Wunschdenken als Realität.

Ein kurzer Blick in den Rückspiegel zeigt, wie sehr die indonesische Wirtschaft bereits Federn gelassen hat: In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also vor gerade einmal vor 20 Jahren, war Indonesien einer der viel beachteten asiatischen Tiger, Vietnam dagegen bettelarm und weit von einem Aufschwung entfernt. Inzwischen aber ist der arme Nachbar von früher an Indonesien vorbeigezogen – zumindest was die wirtschaftliche Dynamik und Entwicklung angeht.

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